Zukunft sichern - Abrüsten!

Die Vorgeschichte des Krieges

zeigt die Rolle der NATO und die deutsche Verantwortung an der Entstehung des Krieges. Hier stellen wir Materialien und Infos zur Verfügung, die bereits in den letzten Jahren vor dem Krieg produziert wurden, sowie aktuelle Beiträge zu dieser Frage.


Albrecht Müller hat uns in den nachdenkseiten vom 29.04. 2024 den nachstehenden text über die korrekten zusammenhänge mit dem ukrainekrieg aufbereitet; zum erinnern, nachdenken und zur korrekten einordnung und weitergabe der geschehnisse in gespächen mit leuten, die schon immer genau wussten dass der „russ“ bzw. putin der schuldige ist.

https://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=114529

Dazu passend noch der Beitrag aus TelePolis vom 04.05. 2024 über die Rolle der USA seit dem vor-Maidan.

Wie die USA die Demokratie in der Ukraine untergraben und den Krieg geschürt haben. Artikel v. 04. Mai 2024 von Aaron Maté

 


Aktuell: Interview mit Günther Verheugen, Ehemaliger Kommissar der EU, SPD, vom 28.8.2023 im Weserkurier

http://www.e-pages.dk/weserkurier/171502/article/1882601/3/1/external/?token=77e29aefc7e0fe09d5d2329bbc98048b

Das Gemetzel muss beendet werden'

Krieg in der Ukraine: Günter Verheugen über Friedensverhandlungen und die Debatte in Deutschland

Silke Hellwig

Herr Verheugen, was vermuten Sie in Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz, bei dem Jewgeni Prigoschin ums Leben gekommen ist?

Günter Verheugen: Ich kann da nur spekulieren wie alle anderen auch. Die üblichen Theorien kursieren: Dahinter steckt Putin, der russische Generalstab, die Ukraine, die CIA … ich weiß nicht das Geringste. Alles ist möglich, und man kann frei nach Schillers Maria Stuart feststellen: „Dieser Prigoschin starb Euch sehr gelegen.“

Davon abgesehen scheint die Vorstellung, mit Russland friedlich und kooperativ ein geeintes Europa zu formen, derzeit so weit weg wie der Mond von der Erde.

Wenn wir die großen Aufgaben betrachten, die uns als Menschheit und Staatengemeinschaft gestellt sind, ist ein Krieg das letzte, was wir brauchen. Wir müssen unsere Kräfte konzentrieren, um die großen, lebensbedrohlichen Krisen zu bewältigen. Da kann man nicht einen Staat ausschließen, weil einem die Zustände dort nicht gefallen.

Sondern?

Ich bin sehr geprägt von der frühen Entspannungspolitik. Ich habe sie nicht nur miterlebt, sondern ich war daran beteiligt. Wenn Willy Brandts Position gewesen wäre, dass man mit Breschnew nicht reden kann, wäre der Kalte Krieg bis heute nicht beendet. Wenn ich möchte, dass sich die Verhältnisse in einem autoritären Staat ändern, erreiche ich das nicht mit militärischem Druck, sondern indem ich ein Vertrauensverhältnis schaffe.

Sie sagen, dass der Krieg in Deutschland auf einen Kampf zwischen Gut und Böse reduziert wird. Es gibt eine ungeheure Solidarisierung mit dem Guten, der Ukraine, gegen das Böse, Putin und Russland. Wie erklären Sie sich das?

Der Umsturz in der Ukraine wird bei uns dargestellt als eine demokratische Revolution von begeisterten Pro-Europäern. Das war eine fabelhafte PR-Nummer, denn es ist nur ein Ausschnitt der Wahrheit. Es war ein vorbereiteter Staatsstreich. Die ersten Maßnahmen der Übergangsregierung waren gegen die russischstämmige Bevölkerung in der Ukraine gerichtet. Dann begann der Krieg, 2014 mit der sogenannten Anti-Terror-Operation, und die russische Politik von Putin wurde dämonisiert. Die Annexion der Krim hat ihn ins Unrecht gesetzt, das machte es leicht. Der Krieg in der Ukraine wird entsprechend überhöht zu einem Kampf zwischen rivalisierenden Systemen.

Zwischen Demokraten und Autokraten …

… aber das ist dieser Krieg nicht. Es geht nicht um Ihre oder meine Sicherheit. Wegen meiner Freiheit und zur Verteidigung meiner demokratischen Rechte muss kein Mensch in der Ukraine sterben. Meine Freiheit ist nicht durch Russland bedroht. Schon allein das zu sagen, bringt einen heute in den Verdacht, ein nützlicher Idiot des Kremls zu sein. Deshalb, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es besteht kein Zweifel daran, dass Russland der Aggressor ist, Verträge und Grundsätze verletzt hat, die das friedliche Zusammenleben in Europa regeln sollen. Aber man muss die Vorgeschichte dieses Kriegs kennen, um sich ein sachliches Urteil zu bilden.

Inwiefern?

Statt einfach zu behaupten, der Zweite Weltkrieg sei allein auf einen Verrückten namens Hitler zurückzuführen, gibt es zu der Vorgeschichte eine Bibliothek mit Millionen Büchern. Das ist bei diesem Krieg nicht anders: Ein langer Weg hat dorthin geführt, wenn wir ihn nicht erkennen wollen, sind wir dazu verurteilt, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

Wie kommt es, dass die Vorgeschichte in der derzeitigen Debatte so gut wie keine Rolle spielt?

Weil es in der offiziellen westlichen Darstellung keine Vorgeschichte gibt. Zudem übt die Ukraine moralischen Druck aus, dieser Druck wird in den deutschen Medien massiv verstärkt. Die Waffen, die an die Ukraine geliefert werden, sind nie genug. Und ich frage mich, wohin das am Ende führen soll, wenn man es auf der anderen Seite mit einer Atommacht zu tun hat.

Sie fragen auch, welches Ziel Deutschland mit seiner Beteiligung am Krieg hat.

Ich habe absolut nichts dagegen, dass wir der Ukraine helfen, ihre Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen. Die Fragen sind nur: Wie soll der Krieg beendet werden und was kommt danach? Bleibt es bei der Idee eines geeinten Europas? Welche Rolle soll Russland darin künftig spielen? Wenn das politische Ziel des Westens ein sogenannter Siegfrieden ist, bei dem der Westen Russland die Friedensbedingungen diktieren kann, dann sage ich: Dieses Ziel ist nicht erreichbar. Wenn das Ziel Regime Change heißt, einschließlich Putin loszuwerden, dann kann ich nur vor Träumereien warnen. Wenn das Ziel ist, Russland zu ruinieren, wie Annalena Baerbock es formulierte: Auch dieses Ziel ist nicht erreichbar. Wenn das Ziel ist, Russland zu isolieren: Auch das ist nicht geschehen.

Noch einmal zurück zu der Frage von Gut und Böse: Wie erklären Sie sich, dass die Debatte in Deutschland verengt ist?

Ich kann diese Frage nicht vollends beantworten. Einen Grund sehe ich in der fundamentalistischen Außenpolitik der Grünen. Mir war unwohl, als sich die Ampelkoalition gebildet hat. Nicht nur, weil man vorhersehen konnte, dass sich die Parteien ständig streiten würden, sondern eben wegen der grünen Außenpolitik. Sie macht unsere angeblichen hohen moralischen Ansprüche zum Maßstab für alles und ist mit Sanktionen (völkerrechtswidrig) und Pressionen schnell bei der Hand. Die Ziele, für die die Bundesaußenministerin eintritt, sind wunderbar: Wer wollte nicht mehr Freiheit, Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit? Aber wie setzt man das in einer Welt durch, die bei uns Heuchelei erkennt und doppelte Standards beklagt?

Wie?

Jedenfalls nicht durch Repressalien und Belehrung. Die Welt ändert sich dramatisch. In der Konferenz der Brics-Staaten zeigen sich die Umrisse einer neuen Weltordnung – nicht zu unseren Gunsten. Die einflussreichsten Weltregionen der Zukunft liegen nicht in Europa oder Nordamerika, sondern in Asien, Lateinamerika und Afrika. Die Botschaft der Brics-Staaten ist: Wir haben es satt, ständig von euch belehrt, geschurigelt und bevormundet zu werden. Unsere Welt ist so beschaffen, dass man nur mit Gesprächsbereitschaft und im Dialog unter Beachtung der gegenseitigen Interessen einen Weg findet, im Frieden miteinander zu leben.

Auch die Ukraine hat eine Vorgeschichte ...

Die Minsker Abkommen sollten eine Lösung für die inneren Konflikte in der Ukraine finden. Mich macht betroffen, dass der damalige Bundesaußenminister und heutige Bundespräsident diese Bemühungen inzwischen als Fehler ansieht. Noch betroffener macht mich, dass Frau Merkel heute sagt, das sei alles nicht ernst gewesen. Denn das Minsk-2-Abkommen sollte die Rechte der russischen Minderheit sicherstellen. Zur vollen Wahrheit gehört, dass die Verantwortlichen in der Ukraine nicht einen Tag lang ernsthaft daran gedacht haben, die im Abkommen vorgesehen Maßnahmen umzusetzen.

Mit den Verantwortlichen meinen Sie ukrainische Oligarchen?

Ja, und ihre Marionetten in der ukrainischen Politik. Die Ukraine ist ein Land mit ungeheurem Potenzial. Das zivile Engagement ist ungemein groß. Es gibt natürliche Reichtümer. Die Ukraine könnte ein glückliches stabiles Land sein. Aber die beiden Hauptprobleme des Landes sind seit dreißig Jahren ungelöst: endemische Korruption und Oligarchenherrschaft.

Deutschland gibt wieder deutlich mehr Geld für Rüstung aus. Hätten Sie sich das träumen lassen?

Rüstungsaufwendungen sind die unproduktivsten und umweltfeindlichsten Ausgaben, die man sich vorstellen kann. Wir finanzieren sie durch Kredite. Man könnte also von Kriegskrediten reden, und jedem Sozialdemokraten müssten sich dabei die Haare aufrichten. Der Rüstungswettlauf hat längst begonnen. Das wird nicht gut enden. Ich plädiere dafür, die Rüstungskontrollpolitik wieder aufzunehmen. Das ist die Überlebensfrage schlechthin. 

Wieso stehen Ihren Parteifreunden nicht die Haare zu Berge?

Das mag damit zusammenhängen, dass eine andere Generation von Politikern am Werke ist. Mangelndes Geschichtsbewusstsein spielt sicher eine Rolle. Ich bin geprägt von der frühen Bundesrepublik. Ich erinnere mich daran, wie das Leben in einem nicht nur materiell, sondern auch moralisch zerstörten Land ausgesehen hat. Nie wieder Krieg, das ist im Bewusstsein meiner Generation und derjenigen, die den Krieg selbst noch erlebt haben, tief verankert.

Wie wird es weitergehen?

Es ist doch offensichtlich, dass die Ukraine verzweifelt versucht, dass das Engagement des Westens und der Nato die Grenze zur direkten Intervention überschreitet. Das hätte die direkte Auseinandersetzung der beiden Super-Atommächte zur Folge und wäre der Schritt in den Abgrund. Wir müssen also unsere ganze Kraft einsetzen, um Russland und die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bekommen. Ich halte es für einen Fehler, die Strategie der Ukraine bedingungslos zu unterstützen, ohne Verhandlungsbereitschaft zu verlangen, und zwar ohne Vorbedingungen.

Warum sollte Russland verhandeln?

In der Tat, Russland haben wir nicht mehr viel anzubieten. Dennoch glaube ich, dass die Option einer engen Kooperation mit der EU für Russland immer noch attraktiv ist. Und wenn man in Deutschland sagt, dass man mit diesen Verbrechern doch nichts mehr zu tun haben kann, möchte ich in aller Bescheidenheit auf unsere Vergangenheit hinweisen wollen. Wir haben einen Krieg angefangen, der alle Maßstäbe gesprengt hat, trotzdem wurde uns nach 1945 wieder die Hand gereicht.

Sehen Sie eine Chance für Dialog und Aussöhnung?

Die gibt es immer. 

Deutet irgendetwas darauf hin?

Ich habe den Eindruck, dass in allen europäischen Ländern die öffentliche Skepsis gegenüber der jetzigen Ukraine-Politik wächst. Ich habe sogar den Eindruck, dass die große Mehrheit der Deutschen zwar dafür ist, dass man der Ukraine beisteht, aber auch fordert, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet und in Friedensverhandlungen eingetreten wird. Das Gemetzel muss beendet werden. Das zu bewirken ist die wichtigste Aufgabe der deutschen und europäischen Politik.

Das Gespräch führte Silke Hellwig.

INFO

Mit den Ursachen und Folgen des Kriegs in der Ukraine befasst sich auch der Band "Ukrainekrieg: Warum Europa eine neue Entspannungspolitik braucht", den der Bremer Politikwissenschaftler Stefan Luft mit herausgegeben hat. Zu den Autoren zählen unter anderem der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und der Soziologe Wolfgang Streeck sowie der französische Osteuropa-Experte David Teurtrie. 

ZUR PERSON

Günter Verheugen

war viele Jahre Mitglied der FDP, unter anderem war er ihr Bundesgeschäftsführer und Generalsekretär. 1982 wechselte er in die SPD. Er war Bundesgeschäftsführer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion sowie Staatsminister im Auswärtigen Amt. Von 2004 bis 2009 war er EU-Kommissar in Brüssel und Vizepräsident der Europäischen Kommission.

 

Ukraine Krieg - Vorgeschichte

(Text von Thomas Rödl, aus verschiedenen Vorträgen und Reden zusammengestellt)

Vorbemerkung: Jeder Konflikt hat eine Geschichte. Diese Vorgeschichte betrachten heißt nicht, eine Aggression zu entschuldigen. Der folgende Blick auf die Vorgeschichte ist natürlich unvollkommen, schlaglichtartig und bruchstückhaft, in der hier gebotenen Kürze.

Die links verweisen auf Beiträge von unterschiedlichen ReferentInnen / AutorInnen. Widersprüche bei Einschätzungen und Beschreibungen sind durchaus möglich.

Dieser Blick auf die Vorgeschichte ist nicht pro-russisch, nicht anti-amerikanisch, sondern kritisch gegen deutsche Militärpolitik, gegen die sogenannte Sicherheitspolitik. Die folgenden Einschätzungen stimmen aber überein mit der Kritik der Friedensbewegung seit den 90er Jahren an dieser Politik. Diese Kritik erfolgt im Bewusstsein dessen, was deutscher Militarismus, Nationalismus in Verbindung mit Überheblichkeit und Dummheit im letzten Jahrhundert angerichtet haben. Sie ist kritisch gegen jeden Nationalismus, Militarismus und jede imperiale Machtpolitik.

Der folgende Text ist keine Stellungnahme der DFG-VK Bayern, sondern eine Zusammenfassung meiner inhaltlichen Referate und Artikel zum Thema der letzten Jahre. Änderungen möglich, konstruktive Beiträge sehr erwünscht. Thomas Rödl (muenchen@dfg-vk.de)

 

Erstens: NATO- Expansion

Ein wesentlicher Teil der Vorgeschichte ist die Ost-Expansion der NATO.

Anfang der 90er Jahre, nach der deutschen Wiedervereinigung und der Auflösung von Sowjetunion und Warschauer Pakt, damit verbunden dem Abzug der russischen Truppen aus der DDR, hätte sich die NATO auflösen müssen. Zugunsten eines Systems der gegenseitigen und gemeinsamen Sicherheit, wie in der Organisation der OSZE angelegt (Charta von Paris). Führende deutsche und US-amerikanische Politiker haben der Sowjetunion versprochen, dass es keine Ausweitung der NATO geben werden.

Aber schon Anfang der 90er Jahre ist die strategische Weichenstellung gegen Russland erfolgt. Russland wurde immer als Gegner betrachtet! Von damals bis heute! Zeitgleich mit der Orientierung auf Expansion der NATO nach Osten definierte das deutsche Verteidigungsministerium die Aufgaben der Bundeswehr neu: Zugriff auf Rohstoffe, Freiheit der Handelswege, Umrüstung der Bundeswehr zur Interventionsarmee (Verteidigungspolitische Richtlinien). Deutschland war wieder ein souveräner Staat, der seine Militärmacht für die Durchsetzung seiner Interessen einsetzen kann. Doch wer definierte diese Interessen?

Die DFG-VK hat seit den 90er Jahren der NATO-Osterweiterung widersprochen und behauptet, eine neue Spaltung Europas sei dadurch zu befürchten. Hinter der Ost-Expansion stand der letztlich militaristische Glaube, durch militärische Stärke und Überlegenheit des US-amerikanischen Machtblocks unsere „Sicherheit“ und Wohlstand (und Profite) zu garantieren, statt auf gemeinsame Sicherheit mit Russland zu bauen.

Über die Aufnahme neuer Staaten in die NATO ist kaum öffentlich diskutiert worden. Es galt das Schlagwort: Jeder Staat darf die Zugehörigkeit zu einem Bündnis wählen. Warum wollten z.B. die baltischen Staaten, Polen, Tschechien, Slowakei und weitere in die NATO? Welche politischen Kräfte in den neuen Mitgliedsstaaten wollten in die NATO? Welche Sicherheitsbedürfnisse gegenüber bzw. Bedenken gegen Russland hatten sie? Gab es irgendwo eine Volksabstimmung?

Die Sicherheitsbedürfnisse, Befürchtungen und historisch bedingten Ressentiments auf allen Seiten hätten die Regierungen im Rahmen der OSZE diskutieren können.

Die Aussicht für Russland war, die NATO-Militärmacht direkt vor der Haustür zu haben, inklusive der Möglichkeit, dass dort NATO Stützpunkte errichtet und Atomwaffen stationiert werden. (s.u.)

Im NATO-Russland- Grundlagenvertrag von 1997 wurden russische Bedenken noch respektiert. Es wurde vereinbart: Keine (dauerhafte) Stationierung von Truppen in den neuen NATO-Staaten, keine Stationierung von Atomwaffen auf dem Gebiet der neuen Mitglieder.

https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_25468.htm?selected

(deutsche Fassung wo?)

Das darin enthaltene Versprechen guter Nachbarschaft auf der Grundlage der UN-Charta, wurde durch die Bombardierung und Zerschlagung Jugoslawiens, ohne Mandat des Sicherheitsrates, d.h. ohne Zustimmung von Russland und China, durch die Realität der NATO-Machtpolitik überholt.

 

Mit dem Status Quo von ca. 2004 (oder 2009) hätten wir gut leben können, hätte auch Russland leben können. D.h. die NATO im Status der Überlegenheit, eine Bedrohung durch Russland unwahrscheinlich. Auf dieser Grundlage hätten beide Seiten über Rüstungskontrolle, Abrüstung und Entmilitarisierung verhandeln können.

Die Fortsetzung der NATO-Ost-Expansion war nicht im Interesse von Frieden und friedlicher Nachbarschaft in Europa. War vollkommen unlogisch wenn es denn um unsere Sicherheit ginge.

Russland hat bis 2014 die Neutralität der Ukraine respektiert. Das Angebot der NATO-Tagung von 2008, die Ukraine (und Georgien) in die NATO aufzunehmen, hat den neutralen Status der Ukraine in Frage gestellt.

Weiterhin: Faktische Aufrüstung der Ukraine, schon vor 2014, durch Militärhilfe und Modernisierung der ukrainischen Armee, durch die USA, Großbritannien, Kanada (Quelle), so dass die Ukraine sich so nebenbei zum Quasi-NATO-Staat entwickelt hat.

Hier werden keine Spekulationen über die Motive v.a. der USA für die Expansion diskutiert.

Manche ExpertInnen betrachten die Ukraine als strategisch wichtig für die Hegemonialpolitik der USA. Ein bestimmtes Territorium ist aber nur dann „strategisch wichtig“, wenn mensch die Staatengemeinschaft als andauernde Folge von militärischen Konflikten und Kriegen betrachtet; und ein künftiger Weltkrieg gegen Russland und China als unvermeidlich betrachtet wird. Nachdem die politisch-militärische Führung in Russland auch in Kategorien militärischer Macht denkt, darf Russland nicht riskieren, durch den Verlust der Ukraine als bisher neutrales Vorfeld in eine schlechtere Ausgangsposition zu geraten.

In der deutschen veröffentlichten Meinung wird nur die russische Seite als aggressiv und imperialistisch betrachtet und die imperiale Politik der USA und der NATO- Hilfstruppen ausgeblendet.

Zur Diskussion darüber z.B. der Vortrag Peter Wahl: Die Interessen der Kriegsparteien (im Ukraine Krieg) vor und nach Kriegsbeginn:

http://www.h-m-v-bildungswerk.de/pdf/Peter-Wahl-Nu%CC%88rnberg%2015-10-2022.pdf

Hier alle Beiträge zur Tagung: „Ukraine Krieg. Eine Zwischenbilanz am 15.10. 2022

https://dfg-vk-bayern.de/der-ukraine-krieg-eine-zwischenbilanz/

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Weitere Lesehinweise:

Entspannungspolitik oder Konfrontation mit Russland?

Zusammenstellung von Aufzeichnungen, Dokumenten und Berichten über die Fachtagung, 

am 2.10. 2021, in Nürnberg: http://www.h-m-v-bildungswerk.de/index.php?ID=25 , darunter Vortrag von Andreas Zumach, Videomitschnitt.

Daniela Dahn bei der Friedenskonferenz 2017:

http://www.h-m-v-bildungswerk.de/pdf/Daniela%20Dahn%20M%C3%BCnchner%20Friedenskonferenz%20plus%20MSC.pdf

Zur NATO- Erweiterung und zur inneren Entwicklung in der Ukraine:

Zivile Alternativen im Ukraine- Konflikt. Vortrag von Karl Grobe-Hagel bei der Münchner Friedenskonferenz 2015, ab S.21

https://friedenskonferenz.info/wp-content/uploads/2022/01/Dokumentation-pdf-2015.pdf

und weitere Artikel zur Sichtweise der Friedensbewegung auf den Konflikt mit Russland auf der Seite des HMV-Bildungswerkes:

http://www.h-m-v-bildungswerk.de/index.php?ID=25

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Zweitens: Ende der Rüstungskontrolle – Modernisierung der Atomwaffen

Die militärische Frontstellung zwischen NATO und Russland wurde nie beendet. Nach wie vor bedrohen sich beide Seiten mit Tausenden von Atomwaffen.

Das Verhältnis zwischen den USA- und der Sowjetunion, später Russland ist seit den 1960er Jahren gekennzeichnet durch die Fähigkeit zur gegenseitigen Vernichtung mit Atomwaffen. In den 60er Jahren zeichnete sich ein uferloser und unkontrollierbarer Wettlauf zwischen immer mehr Angriffsraketen und immer mehr Abwehrraketen ab.

 

Abwehrraketen

ABM-Systeme sind Abwehrraketen gegen ballistische Angriffsraketen (ABM= Anti Ballistic Missile).

Im ABM-Vertrag von 1972 wurde die Zahl der Abwehrraketen in USA und Russland auf je 100 begrenzt. Dieser Vertrag war eine wichtige Grundlage für die Entspannungspolitik und die folgende Verringerung der Zahl der Angriffsraketen. (mit den bilateralen Abkommen SALT und START) Die USA haben im Jahr 2002 den ABM-Vertrag gekündigt. Das war das Ende der Rüstungskontrollpolitik.

Die USA stationieren neue ABM-Raketensysteme auch in Alaska und Südkorea. Diese müssen als Teil einer Überlegenheitsstrategie betrachtet werden. Russland produziert superschnelle Raumgleiter (u.a.), die die Abwehrsysteme überwinden können.

Präsentation zum Aspekt Modernisierung der Atomwaffen und Präventivschlagkonzepte (für die Tagung am 15.10. 2022):

https://www.no-militar.org/pdfs/Ukraine%20Krieg%20und%20Atomkrieg-Pr%C3%A4sentation-vers-13-10-22.pdf

Der Präventivschlag wurde zwischenzeitlich zum Teil des Abwehrkonzeptes, so formuliert in der Missile Defense Review: Es gibt 3 verschiedene Mittel der Raketenabwehr… Erstens eine aktive Raketenabwehr, um gegnerische Geschosse in allen Flugphasen abzufangen; zweitens eine passive Abwehr, um die potentiellen Effekte von offensiven Raketen zu mildern; und drittens, wenn die Abschreckung versagt, Angriffsoperationen, um Offensivflugkörper vor dem Start zu zerschlagen“ („besiegen“)

Quellen und ausführlicher dazu: https://www.no-militar.org/index.php?ID=23

Russische ABM- Systeme: http://www.no-militar.org/index.php?ID=31

Modernisierung der Atomwaffen der USA

Im Jahre 2009 startete die Obama-Administration ein Programm zur Modernisierung aller Trägermittel und Atomsprengköpfe. (also vor der Annexion der Krim). Die U-Boot-gestützten Trident- Raketen erhalten zielgenaue Sprengköpfe mit weniger Sprengkraft, werden also - wenn eingesetzt - weniger Kollateralschäden verursachen. Der B21 Bomber kann mit Stealth-Technik vom Radar nicht erfasst näher an strategische Ziele fliegen und superschnelle Marschflugkörper abfeuern.

(Anschaulicher und Übersicht in der Präsentation, s.o., ausführlicher und mit Quellenangaben: https://www.no-militar.org/index.php?ID=23 )

Das Konzept der „Abschreckung durch Fähigkeit zur Vergeltung“ wurde von der Militärführung der USA in den letzten Jahren stillschweigend fallen gelassen. Der Begriff der Abschreckung wird zwar weiterhin verwendet. Doch zur neuen Abschreckung, wie sie in den Dokumenten des US-Verteidigungsministeriums entwickelt wird, gehören sowohl der präventive Angriff auf die Waffen des Gegners als auch die umfassende Abwehr von Angriffen. Nach dem Konzept „Prompt Global Strike“ wollen die US- Streitkräfte die Fähigkeit, jedes Ziel auf der Welt innerhalb einer Stunde anzugreifen. (1) Die Machtposition der Atommacht Russland (und der anderen) wird durch die strategischen Optionen bedroht, die sich aus der militärtechnischen Entwicklung ergeben. (2) Im Jahr 2020 scheinen Kriegsszenarien technisch machbar, die 1980 unrealistisch waren.

(die Anmerkungen gehören zum bereits zitierten Text „Bombenstimmung“

https://www.no-militar.org/index.php?ID=23 )

(Aspekt U-Boot-Bekämpfung hier weggelassen)

 

Modernisierung der russischen Atomwaffen

Russland stellt neue mobile ballistische Raketen mit (z.B.) 17000 km Reichweite auf, die auf anderen Flugbahnen strategische Ziele angreifen kann; die Modernisierung der Langstreckenbomber (vermutlich auch mit Hyperschallflugkörpern) ist im Gange. Der „Avangaard“ Hyperschall – Flugkörper kann unvorhersehbare Flugbahnen zur Umgehung von Abwehrsystemen fliegen. In Bau sind 3 neue konventionelle U-Boote und ein „Unterwasserkreuzer“ mit Nuklearantrieb, 8 Stück sind geplant. „Poseidon“ eine „Unterwasserdrohne“ soll der Auslösung eines Tsunami durch eine Unterwasser-Atomexplosion dienen. Diese Entwicklungen werden als Reaktion auf Kündigung des ABM-Vertrages dargestellt.

(Übersicht in der Präsentation, s.o.; Quellen für russische Atomwaffen-Projekte:

http://www.no-militar.org/index.php?ID=32 )

Atomwaffen in Europa

Neue russische Raketen

Seit 2014 stationiert Russland neue atomare Marschflugkörper im Gebiet Kaliningrad. M.E. eine Reaktion auf die Ost-Expansion der NATO. Sie bedrohen die neuen Stützpunkte und die Aufmarschwege der NATO im Baltikum und in Polen. Die USA behaupten, dass diese Atomwaffen über mehr als 500 km Reichweite verfügten und damit gegen den INF Vertrag verstoßen. Die gemeinsame Überprüfung der technischen Daten wurde nicht versucht.

INF Vertrag gekündigt

Mit dem INF Abkommen von 1987 wurden Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5000 km in Europa verboten. In der Folgezeit wurden auch Hunderte solcher Atomwaffen zerstört. Die Vertragspartner USA und die Sowjetunion haben vereinbart, solche Mittelstreckenraketen auch nicht mehr zu entwickeln und in Europa zu stationieren.

US-Präsident Trump hatte im Oktober 2018 angekündigt, den INF Vertrag nicht mehr zu berücksichtigen weil Russland den Vertrag verletzen würde. (s.o.) Im Februar 2019 hat auch Präsident Putin das Abkommen für ausgesetzt erklärt.

 

Aegis-Abwehrraketen

Die USA haben neue Raketenabschussanlagen in Rumänien und Polen errichtet. (ab 2016 bestückt) Das war lange geplant und mindestens seit 2007 allgemein bekannt. Nach US- Angaben werden dort nur „Aegis“- Abwehrraketen stationiert. Sie sollten Teil eines ABM-Systems für Europa sein. Doch Russland hat keine ballistischen Raketen gegen Ziele in Europa, sie wurden im Rahmen der Umsetzung des INF- Vertrages 1987 ff verschrottet.

Nach Einschätzung der russischen Militärs (und auch westlicher Experten) können von den angeblichen ABM- Abschussvorrichtungen auch Marschflugkörper abgeschossen werden. (11)

Moskau und andere strategische Ziele im Westen Russlands wären damit schnell erreichbar. (12) (Quellen und mehr dazu: https://www.no-militar.org/index.php?ID=23 )

Modernisierung der US-Atombomben in Europa

Die US- amerikanischen Atombomben (B 61) in Deutschland (in Büchel in Rheinland-Pfalz), in Holland, Belgien, Italien und in der Türkei, sollen modernisiert werden (150 Stück in Europa im Rahmen der sog. Nuklearen Teilhabe). Aus der bisherigen frei fallenden Bombe wird eine Rakete mit zunächst 15 (oder 28 km?), später 72 km Reichweite (oder mehr?) und Präzisionssteuerung und Bunkerknacker-Sprengkopf. Diese Atomwaffe soll in Zukunft von F-35 Kampfbombern eingesetzt werden. Diese können vom Radar nicht erfasst werden („Tarnkappe“), und in russisches Gebiet eindringen. Nach den derzeit verfügbaren Informationen haben die neuen F 35 Bomber auch nur einen Aktionsradius von 1000 km und können von Holland, Belgien, Büchel oder Oberitalien aus, keine Ziele in Russland erreichen.

(Zu den Atomwaffen in Europa: https://www.no-militar.org/index.php?ID=23 der Abschnitt4 und die Quellen dazu.)

Mit dem Bomber F35 und der modernisierten B61 Bombe, auf Flugplätzen in Osteuropa oder in der Ukraine stationiert, hätten die USA eine neue strategische Angriffswaffe, mit der sie in kürzester Zeit strategische Ziele in Russland erreichen könnten.

Russland will die Neutralität der Ukraine, um zu verhindern, dass Atomwaffen „direkt vor der Haustür“ stationiert werden.

Informationen und Argumente zur nuklearen Teilhabe der BRD:

https://www.no-militar.org/index.php?ID=35

Lesehinweis: diese Präsentation ist aktueller und anschaulicher:

https://www.no-militar.org/pdfs/Ukraine%20Krieg%20und%20Atomkrieg-Pr%C3%A4sentation-vers-13-10-22.pdf

Hier die Denkschrift Bombenstimmung, Stand Juli 2022: http://www.no-militar.org/pdfs/Bombenstimmung-Denkschrift-Brosch-Juli-2020.pdf

http://www.no-militar.org/index.php?ID=23 Abschnitt 4 und Quellen dabei

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Schon 2012 war klar dass die F35 mit der Präzisionsbombe eine neue Bedrohung für Russland darstellt und eine Reaktion zu erwarten ist. Lange vor der Annexion der Krim.

http://www.no-militar.org/index.php?ID=28 Anmerkung 4-9-

Fazit: Die fortlaufende Modernisierung der US-amerikanischen Atomwaffen hat den Konflikt zwischen Russland und der NATO verschärft. Die strategische Bedeutung der Ukraine als potentieller Stationierungsort für Atomwaffen hat zugenommen.

Hier nicht berücksichtigt:

Kündigung des open-Skies Abkommen – wann?

START Vertrag gekündigt im Jahr 2022 durch Präsident Putin, nachdem 2021 noch einvernehmlich verlängert. Kommentar http://www.no-militar.org/index.php?ID=17

Zum START-Vertrag: http://www.no-militar.org/index.php?ID=30, abschnitt 5 und Anmerkungen

 

Drittens: Der Nationalitätenkonflikt in der Ukraine

Der Konflikt zwischen dem ukrainischen und dem russischen Nationalismus ist die wesentliche innere Wurzel des Krieges. Die Entwicklung der ukrainischen Staatlichkeit war aber immer eingebettet in die Machtinteressen der umgebenden Staaten. Daher ist die Ukraine in den Jahren nach der Auflösung der Sowjetunion zum Objekt der wirtschaftlichen und strategischen Interessen von Russland, der USA und der europäischen Union geworden. Der Versuch, die Ukraine in die NATO und in die EU aufzunehmen, hat die inneren Widersprüche des Landes zugespitzt. (s.o.)

Derzeit dürfte es schwierig sein, eine neutrale Darstellung der Entwicklung des ukrainischen Nationalismus seit den 90er Jahren, bzw. der Entwicklung des Zusammenlebens der ukrainischen und der russischen Bevölkerungsteile in der postsowjetischen Ukraine zu finden. Die Debatte ist aufgeheizt und von einseitigen Schuldzuweisungen gekennzeichnet. Auf der einen Seite der „russische Imperialismus“, auf der anderen Seite der „ukrainische Nationalismus“.

Die Friedensbewegung in der BRD hat keine einheitliche Auffassung über diese Ursachen und Wurzeln des Krieges (die DFG-VK auch nicht).

Zur Vertiefung dieses Bereiches:

Eine Arbeitsgruppe der DFG-VK Bayern hat Ende 2015 eine Präsentation erarbeitet:

Wie kam es soweit? Hintergründe zum Ukraine Konflikt.

https://www.no-militar.org/pdfs/Ukraine-Konflikt-Mat-Text-Bild-red-13-8-20.pdf?_t=1683818921

(die Präsentation ist online aus urheberrechtlichen Gründen nur ohne Bilder verfügbar)

Schwerpunkt ist die Vorgeschichte des Euro-Maidan, der Putsch in Kiew 2014 bis zum Minsker Abkommen. Überschneidung mit den oben genannten Faktoren, mögliche Widersprüche zu diesem Text hier sind nicht bereinigt.

Die Ukraine ist kulturell und sprachlich betrachtet ein geteiltes Land. Der Westen ist schon seit langer Zeit auf Mittel- und Westeuropa ausgerichtet und man spricht dort Ukrainisch. Der Osten hingegen orientiert sich stark nach Russland und die gängige Sprache ist dort auch Russisch. Die Krim und die heute Donbass genannte Gegend um die beiden Städte Luhansk und Donezk sind überwiegend russisch-sprachig.

Die Zuspitzung kam mit dem sog. Euro-Maidan. Der ukrainische Präsident Janukowitsch hatte das bereits ausgehandelte Abkommen zur Assoziierung mit der europäischen Union ausgesetzt. Hunderttausende BürgerInnen demonstrierten gegen den korrupten Präsidenten und für die Öffnung zur EU.

Ukrainisch-nationalistische Gruppen sorgten im Februar 2014 in Kiew für einen Umsturz. Auf der anderen Seite betrieben russisch-nationalistische Kräfte die Abspaltung der Krim und der Ostukraine (Donbass).

Nachdem rechte Parteien und Kräfte per Putsch in Kiew an die Macht kamen, fühlten sich Teile der Bevölkerung in Donezk und Luhansk von der Putschregierung nicht mehr vertreten und proklamierten die russischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk. (wie groß war die Unterstützung des Separatismus in der Bevölkerung? Und wie groß die russische Einflussnahme in dieser Phase?)

Die neue Regierung in Kiew, Februar 2014, hat die Verträge zur Nutzung der russischen Marinestützpunkte, namentlich Sewastopol, gekündigt. Für Russland war damit die Perspektive gegeben, den wichtigsten Kriegshafen im Schwarzen Meer zu verlieren.

Auf der Krim lebt eine mehrheitlich russisch orientierte Bevölkerung, die bereits Anfang der 90er Jahre in einem Referendum gegen die Zugehörigkeit der Krim zur Ukraine gestimmt hatte. In einem schnell organisierten Referendum stimmte die Mehrheit im März 2014 für eine Abspaltung von der Ukraine und dann für den Beitritt zur russischen Föderation. Russische Truppen waren auf der Krim legal präsent, weitere „Spezialkräfte“ ohne nationale Abzeichen kamen dazu und sorgten dafür dass die ukrainischen Truppen nicht eingriffen (diese kurze Darstellung läßt sich evtl. präzisieren)

Dies wurde im Westen im allgemeinen als Annexion bezeichnet, die im Gegensatz zu anderen nationalen Abspaltungen z.B. auf dem Balkan, unblutig verlief.

Ein relevanter Faktor ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung. (hier keine Ausführung zu völkerrechtlichen Aspekten)

Seit der Annexion (bzw. Sezession) der Krim wird Russland wieder als Feind betrachtet.

Zur Vertiefung der Vorgeschichte:

Dossier zum Ukraine Konflikt aus dem Jahr 2014,  zu den  Entwicklungen vor der Annexion der Krim

Hier zum downloaden: https://www.friedenskooperative.de/sites/default/files/ukraine_25aug_d7.pdf

(mit Überschneidungen zu den o.a. Faktoren, Widersprüche möglich)

Lesetipp: Reinhard Lauterbach: Bürgerkrieg in der Ukraine, Berlin 2014

Weitere Faktoren, noch auszuführen:

Rolle der rechten Parteien und Kräfte

Rolle der nationalistischen Milizen bzw. Freiwilligenverbänden, von Oligarchen finanziert. Z.B. das Asow-Bataillon.

Einflußnahme durch Interessensgruppen der EU und der USA, zur Stärkung des ukrainischen Nationalismus

Politische und ideologische Stärkung des Nationalismus durch historisch-Kulturelle Propaganda (Kult um Stepan Bandera)

Antirussische Propaganda und Kulturkampf durch die nationale Strömung

Wirtschaftliche Lage in der Ukraine und Rolle der Oligarchen (gegenüber dem Mythos einer florierenden Demokratie in der Ukraine)

Bürgerkrieg in der Ukraine / Donbass, seit 2014

Die Separatisten werden vom ukrainischen Staat als Terroristen betrachtet.

Der Versuch der Rückeroberung der separatistischen Provinzen durch die ukrainischen Regierungen in der Folgezeit war der Versuch einer militärischen Lösung und zeigt kein Bestreben, zu einem friedlichen Zusammenleben der Bevölkerungsteile zu kommen.

Kampfhandlungen seit 2014 mit 14 000 Toten (Quelle?)

Das Minsker Abkommen von 2015 war ein Versuch der Konfliktlösung, das ukrainische Parlament hätte die Verfassung ändern müssen um den Regionen einen autonomen Status geben zu können. (Quelle?)

Versuch der Einhegung des Konflikts durch die OSZE- Mission

Vorschlag der Stationierung einer Blauhelm- Truppe der UNO, von Präsident Putin, in der veröffentlichten Meinung in dtld. Weitgehend ignoriert.

Die Wahrnehmung in der veröffentlichten Meinung in der BRD:

Russischer Nationalismus und Imperialismus wird als treibende Kraft betrachtet, Abspaltung und Separatismus als Inszenierung des russischen Staates betrachtet. Das Recht auf nationale Selbstbestimmung wird nur der Ukraine zugesprochen.

Aus friedenspolitischer Sicht:

Das Bestreben nach nationaler Selbständigkeit und Abgrenzung vom russischen Imperialismus und Kolonialismus der Vergangenheit ist verständlich. Aber ein eigener „rein“ ukrainischer Staat würde angesichts der gemischten Bevölkerung, die russischen Teile auszugrenzen und diskriminieren. Führt zur Aktivierung des Nationalismus beim „großen Bruder“ Russland.

Für viele Menschen in der Ukraine dürfte die nationale Zuordnung nicht so wichtig sein, sie arrangieren sich mit dem jeweiligen Regime; und haben keine Lust für die Idee der Souveränität der Nation zu sterben.

Anders rum: Die legitimen russischen Sicherheitsinteressen anerkennen heißt nicht, einen neo-imperialen russischen Nationalismus unterstützen zu wollen.

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Viertens: Der Krieg gegen Terror

Unter dem Vorwand eines „Krieges gegen den Terror“ sind die USA und die NATO in andere Staaten einmarschiert und haben Regime gestürzt. Sie haben das Völkerrecht gebrochen und Vertrauen zerstört. In Syrien stehen sich russische und NATO- Truppen gegenüber.

2001 Einmarsch der USA in Afghanistan ohne Mandat der UNO (Operation Enduring Freedom; ISAF mit Mandat der UNO war später); Einmarsch in Irak 2003, ohne Mandat der UNO, mit einer Lüge gerechtfertigt. Einseitige und eigenmächtige Interventionskriege der USA mit Unterstützung der NATO, ohne Rücksicht auf Russland und China. Der Bürgerkrieg in Syrien war wesentlich geführt durch ausländisch finanzierte (Katar, Saudi- Arabien, Türkei?) bewaffnete Milizen. Die vom „Westen“ betriebene Zerschlagung des Assad-Regimes sollte auch dazu dienen, die russischen Stützpunkte am Mittelmeer zu beseitigen.

Ausführlicher: http://www.no-militar.org/pdfs/Terror-Falti-A1-2017-web.pdf (von 2017)

Das Völkerrecht wurde geschwächt und die internationalen Beziehungen haben sich verschlechtert.

Die Staaten der Welt können sich darauf verlassen, dass die USA und ihre Verbündeten Verträge und Völkerrecht nur dann beachten, wenn es ihren Interessen dient. Die USA und ihre willigen Helfer intervenieren je nach Machtinteresse, offen oder verdeckt, in anderen Staaten, sie beseitigen Regime, sie zetteln Kriege an, liefern Waffen, finanzieren Söldner. Die Anschläge vom 11. Sept. 2001, („Nine Eleven“) in New York und Washington, waren das Startsignal für die „lang andauernden Kriege“ gegen den internationalen Terrorismus. Damals wie heute war klar: Terroristische Anschläge brauchen keine Operationsbasis, keine Stützpunkte, keine Ausbildungslager, nicht in Afghanistan und auch nicht anderswo.

Der „Krieg gegen den Terror“ dauert an, z.B. mit Drohnenangriffen in Afghanistan, Pakistan, Somalia? (aktuell?)

Ausführlicher und mit Quellen: https://www.no-militar.org/index.php?ID=23  Abschnitt 3

Die Faktoren: Modernisierung der Atomwaffen, „Ende der Rüstungskontrolle“, Expansion der NATO, Interventionskriege ohne UNO-Mandat, werden in der BRD (und auch in der Friedensbewegung) nicht im Zusammenhang gesehen.

Stand 12.5.2023


Thesen zur Vorgeschichte des Krieges von Klaus Stampfer:

Analysen sind Erklärungen und keine Rechtfertigungen. Jeder Krieg ist ein Verbrechen.


Bombenstimmung

Schritte zum Krieg - Schritte zum Frieden

Eine Denkschrift der DFG-VK Bayern, Erarbeitung April- Juni 2020

Darin wird die Konfrontation mit Russland dargestellt im Zusammenhang mit der Modernisierung der Atomwaffen, mit der Überwindung des Konzepts der Mutual Assured Destruction und in den Zusammenhang mit dem sog. Krieg gegen den  Terrorismus. Gleichzeitig werden konkrete Schritte für Rüstungskontrolle und Abrüstung aufgezeigt. Hier:

http://www.no-militar.org/index.php?ID=23

 


 

Stellvertreterkrieg in der Ukraine

Interview mit Klaus von Dohnanyi , ehemaliger Bundesminster der SPD,

Deutsche Welle, 2.6.2022  https://www.youtube.com/watch?v=p0xylPYq5bY

<<<< Vom Begriff der „Wertegemeinschaft des Westens“ hält Klaus von Dohnanyi nicht viel. Den Krieg in der Ukraine sieht der ehemalige SPD-Minister als Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA und fordert, Europa solle sich stärker auf sich selbst besinnen und verstehen lernen, dass die USA ganz andere Interessen haben als Europa. Nur so sei man hierzulande gerüstet für die auch von Bundeskanzler Olaf Scholz beschworene Zeitenwende. All diese Gedanken hat von Dohnanyi, inzwischen 93, verpackt in sein Buch „Nationale Interessen: Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“, das kurz vor Beginn des Ukraine-Kriegs erschienen ist und seitdem immer wieder für Kontroversen sorgt.<<<

Zur Untermauerung und Ergänzung der Kapitel 1-2 - 4 der Denkschrift "Bombenstimmung"


Zur Erhellung der Vorgeschichte des Krieges

Sind auch die Beiträge zur Tagung vom Oktober 2021 hilfreich:

"Entspannungspolitik oder Konfrontation mit Russland"


Zukunft Sichern - Abrüsten ist eine Initiative der DFG-VK Landesverband Bayern
Grundsatzerklärung der DFG-VK:
"Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.
Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen
und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten."