Aktuelle Informationen und Kommentare zur Abrüstung
Beitrag von Thomas Rödl zum Hiroshima-Gedenktag 6.8. 2025 München:
Neue Mittelstreckenraketen und 80 Jahre Hiroshima.
https://no-militar.org/index.php?ID=17
mit einer Einordnung der geplanten Raketensysteme in die Modernisierung der US-amerikanischen Atomwaffen.
Informationen zur Kriegsdientsverweigerung: https://dfg-vk-bayern.de/kdv/
Neue Raketen verhindern!
In Grafenwöhr und anderswo!
Kundgebung am 20.9.2025, 13 Uhr in Grafenwöhr, Stadtpark
Keine Mittelstreckenraketen nach Grafenwöhr!
Unter diesem Motto lädt ein Trägerkreis aus Organisationen der Friedensbewegung zu einer Kundgebung am 20.9. 2025 ein. Ort der Veranstaltung ist der Stadtpark in Grafenwöhr. Beginn 13:00 Uhr.
Mit der Kundgebung wollen die Friedensorganisationen gegen die geplante Stationierung von neuen Mittelstreckenflugkörpern der US- Army in Grafenwöhr protestieren.
Nach Einschätzung des Trägerkreises sind die geplanten unterschiedlichen Typen von Flugkörpern mit Reichweiten bis zu 3000 Kilometern dazu geeignet, russische militärische Ziele wie Kommandozentralen und Raketen präventiv zu zerstören. Die Hyperschallrakete „Dark Eagle“ kann Moskau in nur wenigen Minuten erreichen. Dadurch wird die Zeitspanne für Entscheidungen extrem verkürzt. Nach der militärischen Logik muss die russische Militärführung dann ebenfalls versuchen, die Waffensysteme in Grafenwöhr zu zerstören. Ein permanenter Alarmzustand auf beiden Seiten wäre die Folge. Ein Atomkrieg wegen einer Fehlwahrnehmung wird wahrscheinlicher. Die gesamte Region um Grafenwöhr würde zum hochrangigen Ziel für Präventiv- und Vergeltungsschläge im drohenden Atomkrieg.
Der Trägerkreis will darüber hinaus auf den Skandal hinweisen, dass die Stationierung nur in einer Absichtserklärung zwischen dem damaligen Bundeskanzler Scholz und dem US-Präsident Joe Biden beschlossen wurde. Es gab keine öffentliche Diskussion und keine Entscheidung des deutschen Bundestages in dieser lebenswichtigen Frage.
Folgende RednerInnen werden bei der Kundgebung sprechen:
Reiner Braun, Sprecher der Initiative „Die Waffen nieder“
Thomas Rödl, Sprecher des Landesverbandes der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
Eli Heyn, IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges)
N.N., Grußwort, Wiesbadener Bündnis gegen Raketenstationierung
Aaron Valent, MdB, die Linke
Adelheid Rupp, Rechtsanwältin (Popularklage gegen das Bayerische Bundeswehrgesetz)
Peter Weiß, GEW Nordoberpfalz
N.N. Grußwort Friedensbewegung Tschechien
Für Rückfragen:
Dr. Sieglinde Ploedt, IPPNW Regionalgruppe Weiden, Tel. 0151 561 381 69
Willi Rester, Sprecher der DFG-VK Regionalgruppe Oberpfalz, Tel. 01522 733 2051
Der Trägerkreis für die Kundgebung:
IPPNW- Regionalgruppe Weiden ; kontakt@ippnw.de
Friedensforum Nürnberg ; info@friedensforum-nuernberg.de
DFG-VK Regionalgruppe Oberpfalz und Landesverband Bayern; bayern@dfg-vk.de
Friedensforum Fürth; https://fuertherfriedensforum.de/
FriedensInitiative Neumarkt; frieden@frieden-neumarkt.de
Erlanger Bündnis für den Frieden; friedensbuendnis-er@web.de
Wir bitten um Spenden zur Abdeckung der Kosten der Kundgebung am 20.9.:
Konto DFG-VK Oberpfalz bei der Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE90 3702 0500 0008 1046 08
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Infos, Materialien, Aktionen: www.keine-Raketen-nach-Grafenwoehr.de
Zum Berliner Appell:
Mittelstreckenraketen
Folgende Waffensysteme sollen in Deutschland stationiert werden:
Hyperschallraketen „Dark Eagle“:
Reichweite 2700 – 3000 km, Geschwindigkeit bis 21000 km/h, abgefeuert von einer mobilen Abschussrampe. Der Sprengkopf ist im Endanflug manövrierbar, also schwer abzuschießen. Das System soll 2025 einsatzfähig sein. Voraussichtlicher Stationierungsort ist der Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz. Die dort stationierte Artilleriebrigade der US-Army kann das System bedienen. Stückzahl 16- 24 Systeme
(es kursieren unterwschiedliche Angaben zu diesen technischen Daten)
Standard Missile 6 (SM 6):
Auch ein Flugkörper mit ballistischer Flugbahn, Reichweite 1600 km, Geschwindigkeit größer als Mach 5. Die „Standard Missile“ wurde zur Bekämpfung von Zielen auf See und zur Abwehr von Flugzeugen und Flugkörpern entwickelt.
Tomahawk Marschflugkörper:
Fliegt parallel zur Erdoberfläche, kann also von Radarsystemen nicht erfasst werden; kann Umwege fliegen, ist mit 900 km/h eher langsam, Reichweiten 1700 – 2500 km.
Für SM6 und Tomahawk sind mobile Abschussrampen (Typ „Typhoon“) vorgesehen, die auch per Transportflugzeug kurzfristig nach Osteuropa verlegt werden können.
Stückzahl SM 6 und Tomahawk: 32- 48 Systeme.
Alle genannten Systeme sind nicht mit Atomsprengköpfen bestückt. (Zunächst?) Wegen ihrer Reichweite, kurzen Flugzeiten, Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft sind sie als strategische Waffen zu betrachten. Sie können russische Raketen, Kommandozentralen und Führungseinrichtungen in Moskau zerstören. Weiterhin sind die Mittelstreckenraketen in Deutschland unter US-amerikanischer Kontrolle. Die Regierung der BRD hat bei der Auslösung des Dritten Weltkrieges nicht mitzureden. Die VertreterInnen des deutschen Volkes in Berlin haben über die Aufstellung von neuen Raketen nicht einmal debattiert, geschweige denn beschlossen.
Warum neue Mittelstreckenraketen?
„Im Ernstfall müssen NATO-Staaten auch selbst angreifen können, zum Beispiel um russische Raketenfähigkeiten zu vernichten, bevor diese NATO-Gebiet angreifen können, und um russische Militärziele zu stören, wie Kommandozentralen“ (Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik)
Nach dieser militaristischen Logik muss die russische Militärführung ebenfalls versuchen, präventiv die Waffensysteme in Grafenwöhr zu zerstören. Ein permanenter Alarmzustand – auf beiden Seiten! wäre die Folge. Die Auslösung eines Atomkrieges wegen einer Fehlwahrnehmung wird wahrscheinlicher.
Argumente
Diese Waffensysteme müssen als Angriffswaffen für die Entwaffnung und Enthauptung Russlands betrachtet werden: Zerstörung russischer Atomwaffen und Zerstörung der Führungseinrichtungen.
Die russische Führung wird die Stationierung von neuen Mittelstreckenwaffen in Europa im Zusammenhang mit der „Modernisierung“ der US-amerikanischen strategischen Atomwaffen betrachten: Die U-Boot gestützten Raketen werden zielgenauer und mit Atomsprengköpfen mit geringerer Sprengkraft versehen; 100 Tarnkappenbomber „B21“ mit jew. 10 Hyperschall-Marschflugkörpern sollen beschafft werden; die US- Atombomben in Europa im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe sollen in Zukunft von F-35 Tarnkappenbombern ins Ziel gebracht werden. Diese Maßnahmen zielen auf die Fähigkeit zur präventiven Entwaffnung des Gegners.
Auch Russland modernisiert seine strategischen Atomwaffen.
Atomraketen sind Magneten – für die anderen Atomraketen!
Die Mittelstreckenwaffen in Deutschland, wie auch die anderen Militärbasen und Kommandoeinrichtungen der US-Streitkräfte, werden zu wichtigen Angriffszielen im Rahmen des drohenden Atomkrieges.
Rüstungskontrolle statt Rüstungswettlauf!
Der INF-Vertrag von 1987 hat die Stationierung von landgestützten Raketen von mehr als 500 km Reichweite in Europa verboten. Russland hat seit 2014 atomare Marschflugkörper („Iskander“) mit angeblich mehr als 500 km Reichweite aufgestellt. Daraufhin haben die USA im Jahr 2019 diesen Vertrag gekündigt. Die Wiederinkraftsetzung des INF-Vertrages wäre ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Verhinderung eines neuen Rüstungswettlaufes. Über die Frage der Reichweite russischer Waffensysteme muss im Rahmen des Vertrages verhandelt werden; z.B. unter Mitwirkung von ExpertInnen aus neutralen Staaten.
Zum Hintergrund und zur Vorgeschichte der geplanten Stationierung: https://no-militar.org/index.php?ID=23
Text aus dem Faltblatt "Keine Mittelstreckenraketen in Grafenwöhr und anderswo". kann bestellt werden: bayern@dfg-vk.de
https://dfg-vk-bayern.de/wp-content/uploads/2025/06/Keine-MSR-2-Aufl-V6-web-1.pdf
Die DFG-VK unterstützt den Berliner Appell gegen die Stationierung der neuen Raketen, hier:
Informationen und Hintergrundmaterial zur geplanten Stationierung: https://nie-wieder-krieg.org/2024/11/22/hintergrundmaterial-berliner-appell/
Datum: 10.04.2025
KEIN BEKENNTNIS ZU ATOMARER ABRÜSTUNG -----------------------
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD
Die Friedensnobelpreisträgerorganisation IPPNW bedauert zutiefst, dass
die Koalition von CDU/CSU und SPD sich nicht zu einer atomwaffenfreien
Welt und zur atomaren Abrüstung bekennen und an der nuklearen Teilhabe
innerhalb der NATO festhalten will. Rüstungskontrolle, Nichtverbreitung
und Abrüstung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, bedroht
unsere Sicherheit und erhöht das Risiko einer militärischen
Konfrontation bis hin zu einem Atomkrieg. Die IPPNW fordert daher neue
Impulse für atomare Abrüstung und nukleare Nichtverbreitung.
Nukleare Abschreckung kann niemals eine verantwortungsvolle oder
nachhaltige Sicherheitsstrategie sein. Sie bedeutet in letzter Konsequenz
die Bereitschaft, Massenvernichtungswaffen gegen Zivilbevölkerungen
einzusetzen und stellt eine ständige existenzielle Bedrohung für die
Menschheit dar.
Die Bundesregierung müsse stattdessen die bestehenden internationalen
Normen gegen Atomwaffen stärken und damit ein Beispiel für die anderen
europäischen Staaten und die Partner in der NATO geben, fordert die
IPPNW. Nur wer sich zum nuklearen Tabu, zur atomaren Nichtverbreitung und
zur Abrüstungsverpflichtung aus dem Nichtverbreitungsvertrag bekennt,
kann glaubwürdig die gefährlichen nuklearen Machtdemonstrationen
Russlands kritisieren. Neben dem Nichtverbreitungsvertrag ist der
UN-Atomwaffenverbotsvertrag ein wichtiger Teil des völkerrechtlichen
Regimes zur Ächtung von Atomwaffen. Er wurde inzwischen von 94 Staaten
weltweit unterzeichnet.
„Es ist erschreckend, dass die Regierung gerade jetzt in Zeiten großer
Unsicherheit und Bedrohung vor allem auf Aufrüstung, NATO-Politik und
atomare Abschreckung setzt. Die Bundesregierung sollte die EU als
Friedensprojekt begreifen und sich einem umfassenden Friedens- und
Sicherheitskonzept widmen, in der zivile Sicherheitsmechanismen und deren
Durchsetzung Vorrang behalten“, erklärt der IPPNW-Vorsitzende Dr. Lars
Pohlmeier.
Die IPPNW verurteilt in diesem Zusammenhang die von der Koalition geplante
massive Steigerung der Ausgaben für Verteidigung. Die Bundesregierung und
die EU-Staaten geben bereits jetzt in einem gigantischen Maß Geld für
Militarisierung aus. Selbst unter Gewichtung der unterschiedlichen
Kaufkraft haben die europäischen NATO-Staaten auch ohne die USA ein
Übergewicht der Rüstungsausgaben von 420 Milliarden US-Dollar gegenüber
300 Milliarden US-Dollar in Russland. Zugleich wird die notwendige Debatte
um Rolle, Struktur und ausreichende Finanzierung internationaler
Sicherheitsstrukturen wie UN und OSZE vernachlässigt.
Kontakt:
Angelika Wilmen, IPPNW-Friedensreferentin, Tel. 030/698074-13, Email:
wilmen@ippnw.de
Bilder:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/0
Datum: 11.07.2024
IPPNW KRITISIERT PLÄNE ZUR STATIONIERUNG VON MITTELSTRECKENRAKETEN IN DEUTSCHLAND
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NATO-Gipfel in Washington
Die ärztliche Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW kritisiert die Beschlüsse der NATO als weitere Stufe der Eskalation und
brandgefährlich. Mit der Ankündigung der Stationierung neuer Mittelstreckenraketen vom Typ Tomahawk in Deutschland sollen erstmals seit
dem Abzug der atomaren Mittelstreckenraketen im Jahr 1991 im Zuge des INF-Abkommens wieder Raketen auf deutschem Boden stationiert werden.
Tomahawks können mit konventionellen oder atomaren Sprengköpfen bestückt werden. Am 1. Februar 2019 hatten die USA das INF-Abkommen zum
Verzicht auf atomare Mittelstreckenrakten aufgekündigt. Zudem ist die Einrichtung eines neuen Ukraine-Kommandos in Wiesbaden ein weiterer
Eskalationsschritt, der Deutschland tiefer in den Krieg hineinzieht.
„Der Konflikt um die Entwicklung der sowjetischen SS-20-Raketen und der NATO-Doppelbeschluss hat die Welt an den Rand eines Atomkriegs gebracht.
Wer den Krieg verhindern will, muss den Frieden vorbereiten, statt weitere Schritte in Richtung atomarer Eskalation zu gehen“, erklärt die
IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. Die IPPNW fordert als ersten Schritt eine Risikominderung: Die drei westlichen Atommächte USA,
Großbritannien und Frankreich sollten gemeinsam mit China auf Russland zuzugehen und eine Doktrin des Verzichts auf einen Ersteinsatz von
Atomwaffen erklären. Die Verhinderung eines Atomkrieges und die Beendigung des Ukrainekrieges gehören zusammen und müssen für die
Bundesregierung oberste Priorität haben, so die IPPNW. Zur Vermittlung würden China und weitere Staaten des globalen Südens gebraucht. Die
Bundesregierung könne beispielsweise den 6-Punkte-Plan von China und Brasilien vom 23. Mai 2024 unterstützen.
Die Zeichen einer atomaren Eskalation mehren sich. Weltweit werden laut dem schwedischen Friedensinstitut SIPRI die Atomarsenale aufgerüstet und
Abkommen gekündigt: Neben dem INF-Vertrag kündigten die USA 2002 den Vertrag zur Begrenzung der Raketenabwehr und im Jahr 2020 den Vertrag
über den Offenen Himmel. Im Bereich der strategischen Nuklearwaffen gibt es nur noch den New-Start-Vertrag, der aber 2026 ausläuft und dessen
Inspektionen Russland im Zuge des Ukrainekrieges eingestellt hat.
Derweil droht Russland mit Atomwaffen, die Ukraine greift russische Frühwarnsysteme an und die Bundesregierung erteilt der Ukraine die
Erlaubnis, im Ukrainekrieg deutsche Waffen auch auf russischem Territorium einzusetzen. Der russische Politologe Dmitri Trenin empfiehlt in einem
Text vom 21. Juni 2024 die russische Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen zu senken. Anstelle der „Bedrohung der Existenz des
Staates“ sollte eine der Bedingungen für den Einsatz von Atomwaffen die „Bedrohung der lebenswichtigen Interessen des Landes“ sein. Ein
ehemaliger nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump fordert laut der New York Times, Washington müsse "neue Atomwaffen auf ihre
Zuverlässigkeit und Sicherheit in der realen Welt testen."
Weitere Informationen:
Wiesbadener Erinnerung: (Link:
https://globalbridge.ch/die-gegenseitige-nukleare-abschreckung-funktioniert-nur-noch-beschraenkt/
) Es gibt keine Sicherheit mit nuklearen Massenvernichtungsmitteln
Die gegenseitige nukleare Abschreckung funktioniert nur noch beschränkt, Dmitri Trenin
(Link:
https://globalbridge.ch/die-gegenseitige-nukleare-abschreckung-funktioniert-nur-noch-beschraenkt/
)
(Link:
https://globalbridge.ch/die-gegenseitige-nukleare-abschreckung-funktioniert-nur-noch-beschraenkt/
)Petition gegen die atomare Bedrohung (Link:
https://www.change.org/p/gegen-die-atomare-bedrohung )
Weitere Informationen zu Tomahawk-Marschflugkörpern bei Atomwaffen A-Z
(Link:
https://www.atomwaffena-z.info/glossar/begriff/tomahawk-marschflugkoerper )
(Link:
https://www.atomwaffena-z.info/glossar/begriff/tomahawk-marschflugkoerper
)
Kontakt:
Angelika Wilmen, IPPNW-Friedensreferentin, wilmen@ippnw.de, 030 698074 13
Nie wieder kriegstüchtig!
Referat von Thomas Rödl am 1.9. 2024 in Ingolstadt
Kriegstüchtig oder friedensfähig?
Rede Thomas Rödl (Sprecher DFG-VK Bayern) beim Ostermarsch in Ingolstadt , am 30.3. 2024
(Bei der Rede gab es diverse Abweichungen vom Manuskript.)
Dies ist der dritte Ostermarsch in Kriegszeiten. In meinem Beitrag beziehe ich mich nur auf den Krieg in der Ukraine. Die anderen aktuellen Kriege werden in weiteren Beiträgen heute gewürdigt.
Heute finden an vielen Orten Ostermärsche der Friedensbewegung statt, (an 60 /120 Orten? ) viele auch unter dem Motto: Friedensfähig statt kriegstüchtig. Darauf will ich noch zurückkommen
Deutschland ist an dem Krieg in der Ukraine auf vielfältige Weise beteiligt, durch Waffenlieferung, Ausbildung von Soldaten, Finanzierung der Kriegsführung.
Zur Klarstellung: Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine! Wir fordern die Kriegsparteien auf, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und über eine Friedenslösung zu verhandeln.
Erstens Atomwaffen
Und damit zur Vorgeschichte des Krieges.
Der Ostermarsch heute steht in der Tradition der Ostermärsche der Atomwaffengegner ab ca. 1960.
Wir leben immer noch im Atomzeitalter, es gibt diese Atomraketen mit interkontinentaler und sonstiger Reichweite, Flugkörper mit Atomsprengköpfen drauf. Ist das schon vorbei? Leider nein. Ich habe den Eindruck, viele Menschen merken jetzt gerade wieder, dass wir im Zeitalter der Atomwaffen leben.
Vor ca. 64 Jahren war die sog. Kuba-Krise. Die Sowjetunion hatte angefangen, Mittelstreckenraketen auf Kuba zu stationieren. Entfernung Havanna nach Washington 1700 km. (zum Vergleich Berlin Moskau 1600 km) Zuvor hatten die USA aber Mittelstreckenraketen in der Türkei und Italien (und GB?) stationiert. Allgemein bekannt ist: Die Welt stand kurz vor einem Atomkrieg. Die USA konnten nicht akzeptieren dass die feindlichen Vernichtungswaffen so dicht vor ihrem Territorium stationiert wurden. Aber durch Verhandlungen haben beide Seiten vereinbart, dass die Sowjetische Militärmacht die Raketen aus Kuba zurückzieht, und im Gegenzug die USA ihre Mittelstreckenraketen in Europa ab zieht.
Für knapp 20 Jahre galt die stillschweigende Vereinbarung, dass die USA keine Atomwaffen in Europa stationiert haben, die sowjetisches Territorium erreichen können. Mit der sogenannten Nachrüstung mit Pershing 2 Raketen und Marschflugkörpern, in der BRD, Großbritannien und Italien, haben die USA diese Vereinbarung gebrochen. Die Pershing 2 Raketen hätten von Westdeutschland aus in 15 Minuten Moskau erreicht und damit die Reaktionszeit für die sowjetische Militärführung dramatisch verkürzt.
Millionen Menschen in Europa haben verstanden, dass diese Waffensysteme offensiv eingesetzt werden können. Dann kam der INF Vertrag, 1987, Hunderte Raketen und Sprengköpfe wurden verschrottet. Atomraketen mit Reichweiten über 500 km in Europa wurden durch den Vertrag verboten.
Damit wurde das Interesse der Sowjetunion, später Russlands, anerkannt, dass keine US-amerikanischen Atomwaffen von Europa aus russisches Gebiet, oder eben gar die Hauptstadt Moskau, erreichen können.
Die Frontstellung zwischen West und Ost wurde nach 1990 beibehalten, USA und Russland waren immer potentielle Atomkriegsgegner, die sich gegenseitig atomar vernichten können. Sie haben sehr viel weniger Atomwaffen, die aber immer noch gegeneinander gerichtet sind. Immer noch ist ein wesentlicher Faktor, welche Waffen wo stationiert sind und in welcher Zeit sie einen gegebenen geografischen Raum überwinden können um ein Ziel zu erreichen.
Russland war gegen die Expansion der NATO nach Osten, und die Friedensbewegung hat vor 30 Jahren die NATO-Expansion kritisiert und vor der Konfrontation mit Russland gewarnt. Im NATO-Russland-Vertrag von 1997 wurde vereinbart, dass in den neuen NATO-Staaten keine neuen Truppen dauerhaft stationiert werden soll, und auch keine Atomwaffen. Damit wurde das legitime russische Sicherheitsinteresse respektiert, die US-amerikanischen Atomwaffen und die NATO-Truppen auf Abstand zu halten.
Jetzt gibt es diese Aegis- Abschussbasen in Polen und Rumänien, für Abwehrraketen, als Teil eines europäischen Raketenabwehrsystems, 2010 beschlossen. Seit 2008 bekannt, seit 2016 bestückt. Von den Aegis-Starteranlagen können auch Marschflugkörper abgeschossen werden. In Russland entstand die Befürchtung, dass dort neue Angriffswaffen stationiert werden könnten. Dann (2014?) wurde beobachtet, dass Russland neue Marschflugkörper stationiert, die wegen ihrer Reichweite einen Verstoß gegen den INF-Vertrag darstellen könnten. Das wurde nicht aufgeklärt, aber das Abkommen durch die USA 2019 gekündigt. Dazu Modernisierung der Atomwaffen, F 35 und neue B61 Bombe – offensive Optionen
Mit der 2008 beschlossenen Aufnahme der Ukraine in die NATO war die Perspektive für Russland: dereinst oder ziemlich bald könnten US-Truppen und Atomwaffen in der Ukraine stationiert werden, direkt vor der Haustüre, 1000 km näher an Moskau. Daher das Beharren von Russland auf Neutralität der Ukraine. Und das ist ein wesentlicher Teil der Vorgeschichte des aktuellen Krieges!!
(Andere Aspekte der Vorgeschichte insbesondere die Entwicklung in der Ukraine muss ich heute außer acht lassen)
Zweitens zur Lage in der Ukraine
wir verurteilen den Einmarsch der russischen Truppen, wie erwähnt, und die Annexion von Regionen im Donbass, beides klar ein Verstoß gegen das Völkerrecht.
Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung. Das bestreitet niemand. Nun entfaltet sich seit über zwei Jahren ein Bild vor unseren Augen, was die Verteidigung der Souveränität, mit den gegebenen militärischen Mitteln, real und konkret bedeutet.
Wir sehen jetzt täglich die Zerstörungen in den Städten, oder weitgehend zerstörte Städte wie Mariupol, Bachmut, und Trümmerhaufen anderen Namens. Ich verstehe natürlich den Wunsch, die Heimat gegen eine russische Aggression zu verteidigen. Aber -- Wer eine Stadt militärisch verteidigen will, nimmt in Kauf, dass die Stadt zerstört wird. Wer eine Stadt erobern will, muss die Verteidiger herausbomben, so geschehen in Falludja, Aleppo, Mossul, Grosny… Oder, wie im zweiten Weltkrieg, Stalingrad 1943 oder Berlin 1945.
Unser pazifistischer Standpunkt ist: Verteidigung ja, aber mit politischen, zivilen, mit gewaltfreien Mitteln. (Modell der sozialen Verteidigung – kann ich in der begrenzten Zeit nicht ausführen)
Die militärische Verteidigung führt zur Selbstzerstörung. Was soll der legitime Verteidigungskrieg, wenn, auch im Falle eines militärischen Sieges, nachher alles kaputt ist?
Was bedeutet dann die Souveränität der Ukraine? Die Freiheit, eine Generation lang für den Wiederaufbau zu schuften und ausländische Kredite zu bedienen? Ein ruiniertes Land, die Wirtschaft am Boden, der Staat verschuldet, das Geld nix mehr wert. Hunderttausende geflüchtet, Hunderttausende Kriegsinvaliden, Behinderte, traumatisierte Kriegsteilnehmer.
Weglassen: Aber wer definiert was die Ukraine ist? Wenn die nationalistisch orientierten UkrainerInnen ihren eigenen Staat wollen, dann müssen sie auch akzeptieren, dass die nationalistisch russisch orientierten BürgerInnen ihren eigenen Staat wollen oder den Anschluss an Russland? Das friedliche Zusammenleben von verschiedenen Völkern in einem Staat, das wär doch eigentlich die bessere Lösung. Der Krieg macht das auf Jahrzehnte hinaus unmöglich. Da ist nicht nur das Tischtuch zerschnitten, nein da ist die ganze Hütte zersägt.
Schon im September 2022 ging eine Meldung durch die Medien, ich zitiere sinngemäß: Der Stabschef der US-Streitkräfte, General Mark Milley, sprach sich für Verhandlungen über einen Waffenstillstand aus. Er warnte vor einem Szenario wie im ersten Weltkrieg, mit jahrelangen Grabenkämpfen, die keine strategische Entscheidung brachten, aber Millionen Soldaten das Leben kosteten.
Er sagte damit auch, dass die Ukraine die russischen Armee militärisch nicht vertreiben kann und die derzeitige- bzw. damalige - Pattsituation akzeptieren muss. D.h. akzeptieren dass die Grenzen der Ukraine jetzt neu definiert werden – sei es auf dem Schlachtfeld, sei es in künftigen Verhandlungen.
Letztes Jahr war wochenlag die Rede von der ukrainischen Sommeroffensive zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. Daraus ist offensichtlich nichts geworden. Aber auch die erfolgreiche Rückeroberung würde nur die Zerstörung weitertreiben und die Kosten des Krieges erhöhen. Deutschland liefert Waffen und Munition und finanziert den Krieg, verlängert dadurch den Krieg, erhöht die Kosten und die Zahl der Opfer.
Position der DFG-VK Bayern: Keine Waffen liefern, keine Finanzierung des Krieges.
Das wäre unser Beitrag zur Beendigung des Krieges, ohne Waffen und Munition wäre die Ukraine gezwungen zu verhandeln.
Die Forderung an Russland bzw. Präsident Putin, die Truppen zurückziehen – das klingt gut, im gleichen Atemzug weiß man dass er das nicht tun wird, sondern so lange Krieg führen wie er dazu in der Lage ist und sich irgendeinen Nutzen davon verspricht. Was könnten wir Putin anbieten?
Aber Schauen wir doch mal auf Russland: Jetzt haben sie diese Gebiete annektiert, die jetzt ruiniert und zerstört sind und von Blindgängern verseucht, auch Russland hat zehntausende Tote, Verwundete, verstümmelte, traumatisierte Kriegsopfer zu beklagen. Auch die russische Gesellschaft hat für die Kriegsfolgen aufzukommen, so oder so, und für den Wiederaufbau zu arbeiten, statt für den eigenen Wohlstand. In den internationalen Beziehungen wird Russland auch nicht besser dastehen, es wird weitere Rüstungswettläufe geben, die Atomwaffen werden modernisiert, es gibt einen Boom bei Raketenabwehrsystemen. Das ist alles absehbar, das ist alles teuer und bringt aber keine Sicherheit.
Drittens zur Stimmung in Deutschland (Bezug zum Motto- Friedensfähig statt kriegstüchtig)
Der Herr Verteidigungsminister Pistorius hat neulich die Parole ausgegeben, Deutschland müsse wieder kriegstüchtig werden!
Er hätte auch sagen können – wir wollen den Krieg beenden, einen Atomkrieg verhindern und gemeinsame Sicherheit in Europa organisieren! Aber mir ist klar, das klingt eher nach Willy Brandt und Egon Bahr. Die SPD hat sich doch sehr verändert…
Hallo Herr Pistorius, wir wollen gar nicht kriegstüchtig werden, wir sind gar nicht mal kriegswillig!
Wer gar nicht will, wird auch nicht tüchtig, das kennt man von der Arbeitswelt, oder vom Sport, wer gar keinen Bock hat zu arbeiten, oder am Barren zu strampeln, der wird auch nie ein guter Turner bzw. irgendwie tüchtig. Ich plädiere für allgemeine Kriegsunwilligkeit!
Herr Pistorius sagt das ja vor dem Hintergrund einer Kriegsmüdigkeit in der Bevölkerung. Noch gibt’s eine Mehrheit für Waffenlieferungen und militärische Unterstützung der Ukraine, jetzt aktuell bei der Frage Lieferung des Marschflugkörpers „Taurus“ gibt’s aber eine Mehrheit gegen die Lieferung dieser Angriffswaffe.
Darüber hinaus, viele kapieren doch, dass die Preissteigerung bei Energie, die Wirtschaftskrise die sich abzeichnet, die Teuerung bei Lebensmitteln etc. eine Folge des Wirtschaftskrieges gegen Russland sind. (und natürlich der Spekulation) Immer mehr kapieren, dass Russland am längeren Hebel sitzt, immer mehr glauben nicht mehr an den Sieg der Ukraine, und viele kapieren also dass die Kohle vergeblich verpulvert (sic!) wird, und finanziert am Ende nur die Profite der Rüstungsindustrie! (und verschmutzt die Umwelt)
Und immer mehr Menschen haben Angst, dass Deutschland direkt in den Krieg hineingezogen werden könnte, und haben berechtigte Angst, dass aus dem Krieg ein Atomkrieg werden könnte.
Die Medien diskutieren über alle möglichen Gründe für die Unzufriedenheit im Volke, aber dass die Angst vor Krieg für viele Menschen eine Rolle spielen könnte, ja eine Ursache für schlaflose Nächte sein könnte, wird konsequent ausgeklammert.
Aber ich komme auf einen entscheidenden Faktor bei der Kriegsunwilligkeit zu sprechen: Die Bundeswehr hat notorisch zu wenig freiwillige BewerberInnen, so dass sie nicht in der Lage ist, ihre Sollstärke von 200 000 SoldatInnen zu erreichen. Tja die jungen Leute im Lande haben keinen Bock auf Bundeswehr, das finde ich ja ein gutes Zeichen. Vielleicht glauben sie, dass sich die Ukraine verteidigen muss, aber selbstverständlich haben sie keine Lust, selber was dafür zu riskieren. Wo bleiben denn die Grünen, die könnten doch freiwillig zur Bundeswehr gehen? Der Herr Hofreiter von den Grünen, der sich zum obersten Leopard- Panzer- Lieferanten entwickelt hat, sollte doch erst mal Mühe drauf verwenden, die Grüne Jugend zu überzeugen, dass sie sich freiwillig bei der Bundeswehr verpflichten müssen.
Jetzt sollen Modelle zur Wiedereinführung der Wehrpflicht geprüft werden. Na Prima, es gilt der Artikel 4 Absatz 3 Grundgesetz – „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“. Wenn die Wehrpflicht wieder eingeführt wird, dann werden wir zur allgemeinen Kriegsdienstverweigerung aufrufen; und diejenigen die kein Bock haben auf Bundeswehr, müssen sich dann wieder mit dem Prüfungsverfahren und mit ihrem Gewissen beschäftigen.
Die Wehrpflicht wieder einführen, okay, dann haben wir wieder eine Bundeswehr mit 500 000 SoldatInnen, werden wir dann den Krieg gegen Russland gewinnen? Und was wird das kosten? 5 oder 10 oder 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts? Und egal ob das in 5 oder in 10 oder in fünfzehn Jahren ist, ein Krieg gegen die Atommacht Russland ist nicht zu gewinnen! Und die ganze Aufrüstung ist eine gigantische Fehlinvestition!
Hallo Herr Pistorius, gerade weil wir zu dieser einfachen Überlegung fähig sind, sage ich, wir wollen gar nicht kriegstüchtig werden!! Das ist der völlig falsche Ansatz!
Viertens: Perspektive Friedensfähigkeit
Liebe Freundinnen u Freunde, Friedensfähig statt kriegstüchtig, ja das wärs!
Wir stehen hier weil wir für Frieden und Sicherheit für alle Menschen eintreten!
Wir treten ein für eine Außenpolitik der Kooperation und des Dialogs, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigt! Die gegebene internationale Struktur dafür ist die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen.
Wir treten ein für Rüstungskontrolle und Schritte zur Abrüstung, für die Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen!
Wir wenden uns gegen das 100-Milliarden-Euro-Waffenprogramm der BRD und die Erhöhung der Rüstungsausgaben.
Wir bräuchten ein 100-Milliarden-Programm zur Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung. Weitere Aufrüstung wird den Konflikt mit Russland nicht lösen, sondern nur die Konfrontation verschärfen und zu einem weiteren Krieg mit Russland führen.
Wir lehnen jeden Krieg ab! Es gibt keinen gerechten Krieg! Wir müssen jeder Art von Kriegspropaganda entgegentreten, jede Art von Rechtfertigung von Kriegen entlarven und die Argumente zerpflücken.
Wir müssen gegen den Militarismus in Deutschland argumentieren und für zivile Bearbeitung von Konflikten eintreten.
Lb Freundinnen und Freunde,
Eine Welt ohne Krieg wird es erst dann geben, wenn wir Militär in Frage stellen und Militär abschaffen wollen, den Mut haben, die Abschaffung des Militärs zu fordern. Wenn wir wirklich jeden Krieg ablehnen, und auf gewaltfreie Methoden vertrauen, dann ist Militär nicht nur überflüssig, sondern ein Hindernis für Frieden.
Pazifismus heißt, gegen jeden Krieg, gegen Militär, für Gewaltfreiheit und zivile Konfliktbearbeitung einzutreten!
Mir ist wohl bewußt, diese radikale pazifistische Position überfordert jetzt viele, auch in der Friedensbewegung.
Der Militarismus hat Deutschland im 20. Jahrhundert zweimal ruiniert, versuchen wirs im 21. Jahrhundert mal mit Pazifismus, um den atomaren Ruin zu vermeiden.
Ende und Danke
Vortrag von Andreas Zumach am 1.8. in Kaufbeuren : https://www.youtube.com/watch?v=7lBQsYJEjc8&t=681s
Rede von Thomas Rödl am 5.8. in Lindau zum Hiroshima-Gedenktag:
https://www.youtube.com/watch?v=Kpiag6jDaM8&t=256s
Manuskript mit leichten Abweichungen von der Rede
Erklärung der DFG-VK Bayern zum Ukraine Krieg
aktualisierte Fassung 3.2.2023
Einleitung
Die DFG-VK Bayern nimmt Stellung zum Krieg in der Ukraine, zur Diskussion um Waffenlieferungen, Aufrüstungsprogramme und Sanktionen. Sie plädiert für Verhandlungen und zivilen Widerstand, und warnt vor der Gefahr einer Eskalation des Krieges zum Atomkrieg. Sie tritt für eine Gleichbehandlung aller nach Deutschland geflüchteten Menschen ein.
Es gibt keinen gerechten Krieg!
Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine! Wir protestieren gegen jede imperialistische und militaristische Großmachtpolitik! Alle Kriegsparteien müssen einen Waffenstillstand vereinbaren und über eine politische Lösung verhandeln.
Als PazifistInnen halten wir jede Art von Krieg für ein Verbrechen gegen die Menschheit, da er vorwiegend unschuldige Menschen tötet. Es wird immer deutlicher, dass durch eine Fortsetzung des Krieges die Bevölkerung in der Ukraine weder geschützt wird, noch eine Zerstörung von Städten und Infrastruktur zu verhindern ist. Auch ein „Verteidigungskrieg“ führt nicht zu Frieden und Freiheit, sondern zu Zerstörung und Tod.
Ziviler Widerstand
Nach Meinung der DFG-VK Bayern sollte der militärische Widerstand beendet und die Souveränität der Ukraine mit politischen, zivilen und gewaltfreien Mitteln verteidigt werden. Das schützt die Bevölkerung in der Ukraine und verhindert die weitere Zerstörung von Städten und der Infrastruktur. Wir erklären uns solidarisch mit allen BürgerInnen in Russland und der Ukraine, die friedlich gegen den Krieg ihrer Regierungen protestieren, und die sich dem Krieg durch Verweigerung entziehen wollen.
Für die Unterstützung von KriegsgegnerInnen und DeserteurInnen
Wir fordern die Bundesregierung auf, allen Flüchtenden, KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen, Asyl anzubieten und zu gewähren. Ukrainische und russische StaatsbürgerInnen, die sich dem Krieg entziehen wollen, müssen in Deutschland unbürokratisch Zuflucht erhalten.
Wir verurteilen die politische Verfolgung von KriegsgegnerInnen in Russland und der Ukraine. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist ein allgemeines Menschenrecht. Daher wenden wir uns gegen die Einschränkung dieses Rechts, aber genauso gegen die Einschränkung der Pressefreiheit und des Rechts auf politische Betätigung in den kriegführenden Staaten.
Geflüchtete Aufnehmen – gleiches Recht für alle.
Wir begrüßen die Politik der offenen Grenzen für Flüchtlinge aus der Ukraine. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Flüchtlinge, egal aus welchen Regionen der Erde, Schutz und Zuflucht erhalten.
Gegen Maßnahmen zur Verlängerung des Krieges
Wir wenden uns gegen die Lieferung von Waffen an die Ukraine! Wer Waffen liefert, verlängert den Krieg und vergrößert das Leiden der Menschen. Daher wenden wir uns ebenfalls gegen jede finanzielle Unterstützung der Kriegführung der Ukraine. Durch die Waffenlieferungen werden Deutschland und die NATO schrittweise zu direkten Kriegsgegnern der atomar bewaffneten russischen Armee. So kann der derzeit noch begrenzte Krieg zu einem Krieg zwischen der NATO und Russland eskalieren, mit der großen Gefahr, in einem Dritten Weltkrieg mit Atomwaffen zu enden.
Gegen Aufrüstung und Eskalation
Wir wenden uns gegen das 100-Milliarden-Euro–Waffenprogramm der BRD und die Erhöhung der jährlichen Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Ausgaben stehen in Konkurrenz zu den Sozialausgaben, zur notwendigen Erhaltung der Infrastruktur in der BRD, und zu den notwendigen Investitionen zur Begrenzung der Erderwärmung. Weitere Aufrüstung wird den Konflikt mit Russland nicht lösen, sondern nur die Konfrontation verschärfen und zu einem weiteren Krieg mit Russland führen.
Wir wenden uns gegen die Beschaffung der F35-Kampfflugzeuge und gegen die Fortsetzung der nuklearen Teilhabe. Atomwaffen sind geächtete Massenvernichtungswaffen und ihr Einsatz ist ein Kriegsverbrechen, bedeutet den Atomkrieg und führt zu Millionen Toten und letztendlich zur Vernichtung der Menschheit.
Mit der Verlagerung von Truppen und Kriegstechnik ins Baltikum, nach Polen und Rumänien und „der Stärkung der Ostflanke der NATO“ wird die militärische Konfrontation mit Russland verstärkt. Wir wenden uns gegen die Aufnahme neuer Staaten in die NATO, denn der Expansionskurs der NATO hat die Neutralität der Ukraine in Frage gestellt und trug zur Konfrontation mit Russland bei. Ebenso wenden wir uns gegen die Aufnahme der Ukraine in die EU, da diese zu einer Militärmacht entwickelt wird, die mit der NATO zusammenarbeitet.
Für zielgerichtete Sanktionen
Wir setzen uns für zielgerichtete Sanktionen ein, die die Fähigkeit der Kriegsparteien zur Kriegsführung unmittelbar beinträchtigen, aber keine unverhältnismäßigen oder unabsehbaren Kollateralschäden aufseiten der Zivilbevölkerung verursachen.
Die vom Westen verhängten Sanktionen haben keine Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Kriegsführung der russischen Armee. Sie werden aber die russische Wirtschaft massiv schädigen und die Masse der Bevölkerung in Russland in Armut stürzen, die die Kriegspolitik von Präsident Putin nicht verhindern kann.
Wir wenden uns gegen Sanktionen, die die deutsche Wirtschaft schädigen, den Staatshaushalt zerrütten und die Inflation antreiben, und deren Kosten von der Bevölkerung in Deutschland zu schultern sind, egal ob sie mit der verfehlten deutschen Sicherheitspolitik einverstanden sind oder nicht.
Wir wenden uns gegen ein Öl- und Gas- Embargo, das in der Konsequenz die ökologischen Kosten unserer Energieversorgung erhöht (Fracking, Verflüssigung von Gas, Transport über die Ozeane), und von dem nur eine Handvoll multinationaler Energiekonzerne sowie die Oligarchen in den USA, Katar, usw. profitieren.
Für eine neue Entspannungspolitik
Eine neue Entspannungspolitik muss eingeleitet werden, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigt. Wir treten ein für eine Friedenskonferenz im Rahmen der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Sicherheit ist neu zu denken und in eine zivile Außenpolitik umzusetzen. Nur gemeinsam kann die Menschheit in Frieden überleben. Feindbilder müssen abgebaut und Vertrauen muss wiederhergestellt werden.
Alle vermutlichen Kriegsverbrechen sind zu untersuchen und die Verantwortlichen sind vor dem Internationalen Strafgerichtshof anzuklagen.
Ohne Waffen - aber nicht wehrlos!
Webinar zum Konzept der Sozialen Verteidigung mit Dr. Christine Schweitzer
Soziale Verteidigung ist die gewaltfreie Alternative zur militärischen Verteidigung.
Soziale Verteidigung ist die gewaltfreie aktive Verteidigung gegen einen militärischen Angriff von außen oder einen Staatsstreich. Sie beruht auf den Prinzipien und Methoden der gewaltfreien Aktion, des Zivilen Widerstands und der Nicht-Zusammenarbeit.
Soziale Verteidigung bedeutet Verteidigung einer Gesellschaft mit zivilen und gewaltfreien Mitteln. Es gibt keine Anwendung von militärischer Gewalt. Gegen eine Besatzungsmacht sollen Methoden des gewaltfreien Widerstandes angewandt werden, z.B. Massendemonstrationen, Blockaden, ziviler Ungehorsam. Soziale Verteidgung muss aber sehr wohl vorbereitet und organisiert werden.
Videoaufzeichnung des Vortrages: https://www.youtube.com/watch?v=yt3h-74bsog
Wir haben aus Anlass des Krieges in der Ukraine eine aktuelle Darstellung des Konzeptes der Sozialen Verteidigung verfasst, hier zu finden.
Hier eine Darstellung des Konzepts. Aus dem Katalog der Ausstellung "Schreck lass nach", AG Friedenspädagogik 1986.
Soziale Verteidigung in 2 Schaubildern: "ohne Waffen" - "aber nicht wehrlos"
Was tun gegen Milliardenaufrüstung und Krieg in Europa?
100 Milliarden € will die Bundesregierung in die Aufrüstung stecken, zusätzlich zum Verteidigungshaushalt, der im Jahr 2022 auf 50,2 Mrd. € steigen wird – Ein Plus von mehr als 7 % zum Vorjahr, um die Feuerkraft der Bundeswehr zu verdoppeln. Das Vernichtungspotential und die Ressourcenverschwendung dient wie auch die geplante Anschaffung von F35-Kampfjets, die Modernisierung der US-Atomwaffen, die militärische Integration der Ukraine in die NATO-Strukturen und die Installation des US-Hyperschallwaffensystem „Dark Eagle“ in Europa dem Ausbau der militärischen Stärke gegenüber China und Russland.
Referent: Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den aktuellen Aufgaben der Friedensbewegung in Deutschland vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der Konfrontationspolitik der westlichen Staaten in NATO, G7 und EU.
Hier das Manuskript des Vortrags
Ausführlich zum Koalitionsvertrag:
Referat von Thomas Rödl bei der Friedenskonferenz: Ist die Ampel zukunftsfähig? Altes Denken oder Strategie für die Zukunft? auf www.h-m-v-bildungswerk.de unter „aktuelle Termine“ zu finden.
Zur Ergänzung des Kommentars Zeitenwende auch die Rede zum Münchner Ostermarsch von Thomas Rödl v. 16.4. 2022
Hier auf youtube https://youtu.be/E7Wg_FsJtuA

